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Schutzgebietsmanagement in Bremen

Kooperation von Naturschutz und Landwirtschaft im Feuchtgrünlandring

Von besonderer naturschutzfachlicher Bedeutung in Bremen ist der sogenannte Feuchtgrünlandring, der die Stadt umgibt. Aufgrund sehr bedeutsamer Vorkommen von gefährdeten Wiesenvögeln und Rastvögeln sowie einer Vielzahl seltener Arten der Grünland-Grabenbiotope, hat das Land eine überregionale Verantwortung. Nahezu alle diese Grünlandgebiete sind als Natura 2000- und/oder als Naturschutzgebiet geschützt.
Das schutzwürdige Grünland ist die wirtschaftliche Grundlage für rund 145 landwirtschaftliche Betriebe. Die Grünlandnutzung ist gleichzeitig Voraussetzung für den Naturschutz. Hier bestehen vielfältige Abhängigkeiten, aber auch Zielkonflikte.
In Bremen gab es über viele Jahre grundlegende Konflikte zwischen Naturschutz und Landwirtschaft. So wurde die Meldung des Bremer Blocklandes als Vogelschutz- und FFH-Gebiet Anfang der 2000er-Jahre von einigen Landwirten bis hin zum Europäischen Gerichtshof beklagt, einige NSG-Ausweisungen führten zu großen Protesten.
Bei der hoheitlichen Sicherung der großen Natura 2000-Grünlandgebiete kombiniert die Naturschutzbehörde seit dem Jahr 2000 den Grundschutz in Form von LSG-Verordnungen mit freiwilligen Agrarumwelt- und Artenschutzmaßnahmen. Diese Strategie wird durch eine intensive Betreuung der Schutzgebiete begleitet und gesteuert, mit der Bremen bereits seit Anfang der 1990er Jahre gute Erfahrungen in einigen Naturschutzgebieten gemacht hatte.
Im größten und für die Landwirtschaft bedeutendsten Bremer Grünlandgebiet, dem 3.000 Hektar großen Blockland, erwies sich dabei ein vom Bremer BUND initiiertes Projekt zum freiwilligen Wiesenvogelschutz als „Türöffner“ und Wegbereiter für die Kooperation. Seit 2004 wurden dort Ansätze zum Wiesenvogelschutz auf intensiv genutzten Grünlandflächen erprobt und weiterentwickelt, die sowohl bei den Landwirten auf großes Interesse stießen als auch früh erste Erfolge zeigten.
In der Folge entwickelte sich dieses Projekt zum Kern eines umfassenden Gebietsmanagements für alle großen Grünlandschutzgebiete. Das Ziel: Naturschutzmaßnahmen kooperativ entwickeln und umsetzen.
Für die fachliche Gesamtsteuerung ist die Naturschutzbehörde zuständig, die Steuerung der operativen Umsetzung liegt bei der Hanseatische Naturentwicklung (haneg), die Betreuung vor Ort wurde an die BUND-Umweltdienstleistungsgesellschaft beauftragt. Für die Schutzgebiete im Bereich der Wümmeniederung besteht eine Betreuungsvereinbarung mit der Stiftung NordWestNatur.
Um einen engen Kontakt zwischen allen Seiten herzustellen, spielen Gebietsbetreuer*innen eine zentrale Rolle. Sie sind im Gelände präsent und ansprechbar, kommen auf die Höfe und sind auch mal am Sonntag erreichbar. So kümmern sie sich z.B. um Abstimmungen mit der Naturschutzbehörde zur flexiblen Umsetzung der landwirtschaftlichen Nutzung. Vor allem die personelle Kontinuität ist hier für die Entwicklung von Vertrauen essentiell.
Voraussetzung für eine funktionierende Kooperation: Kommunikation und die Bereitschaft, die Interessen und Ziele des Gegenübers zu akzeptieren, um auf dieser Basis Kompromisse zu finden und gemeinsame Interessen zu identifizieren. Dieser Weg ist für beide Seiten mitunter „schmerzhaft“, weil dem Kompromiss meist ein subjektiver Verzicht vorausgeht. Aber die Erfahrungen zeigen, dass selbst bei vermeintlich konträren Interessen durch Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten Erfolge für den Naturschutz erzielt werden können.
Das Gebietsmanagement trifft mittlerweile auf breite Akzeptanz bei allen Akteuren. Das zeigt sich nicht zuletzt durch die Vereinbarung der Kooperationspartner Bremischer Landwirtschaftsverband e.V., BUND LV Bremen e.V., LWK Bremen und Freier Hansestadt Bremen, vertreten durch das Umweltressort.
Das eigentliche Gebietsmanagement teilt sich in die zwei ELER geförderten Teilprojekte:

Das Projekt „Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand für Grünland, Kiebitz & Co.: Kooperatives Schutzgebietsmanagement in Bremer Natura 2000- und Naturschutzgebieten“ wird nach der Richtlinie „Landschaftspflege und Gebietsmanagement“ (LAGE) im Rahmen des Programms PFEIL aus Mitteln des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert und hat eine Laufzeit von 2022 – 2024. Projektträgerin ist SKUMS.


Das Projekt „Gebietsmanagement und Maßnahmenplanung in Natura 2000- und Naturschutzgebieten in der Freien Hansestadt Bremen“ wird nach der Richtlinie „Erhalt und Entwicklung von Lebensräumen und Arten – EELA-Vorhaben“ (EELA) im Rahmen des Programms PFEIL aus Mitteln des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert und hat eine Laufzeit von 2022 – 2024. Projektträgerin ist SKUMS.


Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen

Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sind ein wesentlicher Kern des Schutzgebietsmanagements. Diese dienen der Sicherung und Verbesserung des Erhaltungszustandes schutzbedürftiger Arten und Lebensräume von landesweiter, nationaler und europäischer Bedeutung in den Bremer Natura 2000-Gebieten sowie in weiteren Naturschutzgebieten unter besonderer Berücksichtigung von FFH-Lebensraumtypen und Arten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie sowie Anh. I der Vogelschutzrichtlinie.

Die Maßnahmen umfassen insbesondere
spezielle Biotopschutzmaßnahmen in der durch ihren charakteristischen Landschaftscharakter und vielfältige Lebensraumstrukturen geprägten Agrarlandschaft mit ihren typischen Lebensgemeinschaften an typischen Tier- und Pflanzenarten wie:

  • Gehölzrückschnitt, Gehölzentfernung, Entbuschung, Entkusselung u.ä. zur Wiederherstellung und Erhaltung wertvoller Offenlandbereiche, insbesondere als Brutgebiete von Wiesenlimikolen und Rastgebiete für Wasser- und Watvögel einschl. vorbereitender Maßnahmen wie Entfernung oder Umsetzen von Zäunen, Hecks etc.

spezielle Artenschutz- und Artenhilfsmaßnahmen zur Förderung der Durchführung von zielgenauen sowie vielfältigen und/oder heterogenen Artenschutz- und Artenhilfsprojekten für typische Tier- und Pflanzenarten der Feldflur und bzgl. wertvoller Kulturbiotope wie:

  • Artenhilfsmaßnahmen (z.B. Bau und Unterhaltung von Nisthilfen), manuelle Ansaat, Einbringen einzelner Pflanzen, Sodenverpflanzungen, Heublumensaat und andere zur Wiederansiedlung und zur Populationsstützung von gebietsspezifischen Zielarten geeignete Maßnahmen sowie Entfernung von Neophyten und Störarten inkl. Erfolgskontrolle
  • Anlage und Pflege wertvoller Hecken, Feldgehölze, Streuobstwiesen, Alt-, Kopf- und Obstbäumen o.ä. durch Neuanlage, Nachpflanzungen, Pflegemaßnahmen etc. zum Erhalt und zur Entwicklung wertvoller Habitate und Strukturen einschließlich vorbereitender Maßnahmen wie Entfernung oder Umsetzen von Zäunen, Hecks etc.

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Das Projekt „Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in Natura 2000- und Naturschutzgebieten in der Freien Hansestadt Bremen“ wird nach der Richtlinie „Spezieller Arten- und Biotopschutz“ (SAB) im Rahmen des Programms PFEIL aus Mitteln des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert und hat eine Laufzeit von 2021 – 2024. Projektträgerin ist SKUMS.

Das ökologische Grabenräumprogramm

Das ökologische Grabenräumprogramm ist fester Bestandteil des praktischen Naturschutzes in Bremen und zeigt, wie gut Naturschutz, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft zusammenarbeiten können. Bereits seit Ende der 1980er Jahre entwickelt, wird es heute in allen bremischen Grünlandgebieten erfolgreich umgesetzt.

Leitlinien der naturverträglichen Grabenräumung

  • Das Grabensystem wird als Teil der historischen Kulturlandschaft erhalten.
  • Die Ansprüche der Landwirtschaft, der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes werden gleichermaßen berücksichtigt.
  • Die europäischen und nationalen Anforderungen an den gesetzlichen Artenschutz sind integriert.
  • Es wird ein vielfältiges Mosaik verschiedener Graben-Verlandungsstadien geschaffen, das die Lebensbedingungen für seltene Tier- und Pflanzenarten sichert und die Artenvielfalt erhält.

Mit dem Programm ist es in den vergangenen 30 Jahren gelungen, die wertvollen Grabenlebensräume für Schlammpeitzger, Krebsschere & Co. zu erhalten, ohne die verschiedenen Belange der Akteure aus den Augen zu verlieren. Ein Beispiel für kooperativen Naturschutz.

Das Projekt „Ökologisches Grabenräumprogramm, Artenschutzmaßnahmen in Gräben und Maßnahmen an Kleingewässern in Natura-2000-Schutzgebieten in der Freien Hansestadt Bremen“ wird nach der Richtlinie „Spezieller Arten- und Biotopschutz“ (SAB) im Rahmen des Programms PFEIL aus Mitteln des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert und hat eine Laufzeit von 2021 – 2024. Projektträgerin ist SKUMS.


Kooperativer Wiesenvogelschutz in Bremen

Weiterer wesentlicher Baustein des Gebietsmanagements ist das Projekt „Kooperativer Wiesenvogelschutz“ des BUND LV Bremen e.V., das in den Vogelschutz- bzw. Landschaftsschutzgebieten Blockland, Niedervieland und Oberneuland Maßnahmen zum Gelege- und Kükenschutz sowie zur Habitatverbesserung gefährdeter Wiesenwatvögel umfasst. Wie oben bereits beschrieben fungierte dieses überaus erfolgreiche Projekt als „Türöffner“ und Wegbereiter für die Kooperation mit der Landwirtschaft. Weitere Information zum Projekt finden sich hier.

Das Projekt „Kooperativer Wiesenvogelschutz in Bremen 2021-2024 – Programm zum Gelege-, Kükenschutz und zur Habitatverbesserung gefährdeter Wiesenwatvögel in den Vogelschutz- bzw. Landschaftsschutzgebieten Blockland, Niedervieland und Oberneuland“ wird nach der Richtlinie „Spezieller Arten- und Biotopschutz“ (SAB) im Rahmen des Programms PFEIL aus Mitteln des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und aus Mitteln des Landes Bremen gefördert. Es hat eine Laufzeit von 2021 – 2024. Projektträger ist der BUND Landesverband Bremen e.V.

Integriertes Erfassungsprogramm (IEP)

Das Integrierte Erfassungsprogramm (IEP) ist eine wesentliche fachliche Grundlage für die vielfältigen Aufgaben des Naturschutzes in Bremen und unterstützt konkret insbesondere das Management der Schutzgebiete sowie darüber hinaus unter anderem:

  • die Erfüllung der FFH-Berichtspflicht gemäß Art. 11 und 17 der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
  • die Erstellung und Fortschreibung von Pflege- und Managementplänen zu den bremischen Natura 2000- und Naturschutzgebieten
  • die Ergänzung und Neuausweisung von Schutzgebieten (Natura 2000, Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete)
  • die Evaluierung und Anpassung der Schutzziele und Verordnungen bestehender Schutzgebiete
  • die Erarbeitung spezifischer Artenhilfs- und Biotopschutzmaßnahmen für schutzbedürftige Arten und Lebensgemeinschaften
  • die Erarbeitung, Steuerung und Evaluierung von Agrarumweltprogrammen

Durch das Integrierte Erfassungsprogramm entsteht eine einheitliche Datenbasis, die es erlaubt, Abfragen und Analysen fundiert und zeitnah durchzuführen. Durch die Bündelung der verschiedenen Untersuchungen werden doppelte Erfassungen verhindert und vorhandene Synergien unter Kostengesichtspunkten optimal genutzt.
Damit leistet das IEP einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung und Entwicklung des europäischen ökologischen Netzes Natura 2000, der Naturschutzgebiete und dem Erhalt und Verbesserung der biologischen Vielfalt.

Das Projekt „Integriertes Erfassungsprogramm in Natura 2000- und Natur- und Landschaftsschutzgebieten in Bremen“ wird nach der Richtlinie „Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen und Arten“ (EELA) im Rahmen des Programms PFEIL aus Mitteln des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert und hat eine Laufzeit von 2022 – 2024. Projektträgerin ist SKUMS.

Monitoring Wümmewiesen

Ergänzend zum IEP finden im Bereich der Borgfelder Wümmewiesen, Oberneulander Wümmeniederung und Oberneulander Schnabel managementbegleitende Untersuchungen durch die Nordwestdeutsche Stiftung für Tier- und Naturschutz (Stiftung Nordwestnatur – NWN) statt.

Das Projekt „Monitoring Wümmewiesen 2022-2024“ wird nach der Richtlinie „Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen und Arten“ (EELA) im Rahmen des Programms PFEIL aus Mitteln des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und aus Mitteln des Landes Bremen gefördert und hat eine Laufzeit von 2022 – 2024. Projektträgerin ist die Stiftung Nordwestnatur.

Pflege- und Managementpläne der Schutzgebiete

Wesentliche naturschutzfachliche Basis für das Gebietsmanagement in den Natura2000 Gebieten sind die sogenannten Pflege- und Entwicklungspläne (PMP) die hier abgerufen werden können.
Für die Mehrzahl der Bremer Natura 2000-Gebiete sind Pflege- und Managementpläne vorhanden. Neue Anforderungen bestehen jedoch zu quantitativen Erhaltungszielen für die wertgebenden Lebensraumtypen und Arten. Im Rahmen einer Pilotstudie sollen Vorgehensweise und methodische Vorgaben zum Ermitteln und Darstellen der quantitativen Zielwerte erarbeitet werden. Außerdem sollen in der Pilotstudie quantitative Zielwerte für das „Hollerland“ (DE 2819-370) für die erfassten wertgebenden Lebensraumtypen (Flächengröße für den günstigen Erhaltungszustand) und Arten (Habitat- und/ oder Populationsgröße für den günstigen Erhaltungszustand) ermittelt werden. In einem weiteren Schritt sollen die ermittelten quantitativen Zielwerte für das „Hollerland“ durch die Fortschreibung des bestehenden PMP von 2007 in die Praxis umgesetzt werden.

Das Projekt „Vorbereitung der Fortschreibung von Managementplänen in Natura2000-Gebieten in der Freien Hansestadt Bremen am Beispiel des Hollerland und Fortschreibung des Pflege- und Managementplanes (PMP) Hollerland 2022 - 2024“ wird nach der Richtlinie „Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen und Arten“ (EELA) im Rahmen des Programms PFEIL aus Mitteln des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert und hat eine Laufzeit von 2022 – 2024. Projektträgerin ist SKUMS.


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