"Früher gab es kaum Probleme mit dem Rückstau. Erst die Maßnahmen des Programms 'Mischwasser 90' haben sie geschaffen."
Das Programm 'Mischwasser 90' war die umfassende und technisch einwandfreie Erneuerung des Kanalnetzes und hat es insgesamt optimiert und den Gewässerschutz verbessert. Neue Regenhaltebecken und Entlastungssammler wurden gebaut. Mit ihrer Hilfe können jetzt riesige Mengen zwischengespeichert werden. Das heutige Bremer Kanalnetz zeichnet sich durch hohe Leistungsfähigkeit aus. Zu diesem Schluss kommt auch die wissenschaftliche Studie eines unabhängigen Wissenschaftlers. Und wer wissen möchte, wie es früher war, kann in alten Zeitungen nachlesen. Da steht, wie und wo der Rückstau schon vor Jahrzehnten zugeschlagen hat. Mal in dem einen Stadtteil, mal in einem anderen. Ausschlaggeben war immer ein außergewöhnlich starker Regen, der zu überschwemmten Kellern führte.
"Dauernd wird an irgendeinem Kanal gearbeitet. Doch die ständigen Baumaßnahmen verschlechtern den Entwässerungskomfort. Und die so geschaffenen Probleme sollen dann die Haus- und Grundstückseigentümer durch den Einbau von Rücksausicherungen bekämpfen."
Baumaßnahmen an einem Kanal werden nur dann vorgenommen, wenn es wirklich notwendig ist, wenn die regelmäßigen Inspektionen des Bremer Kanalnetzes Schäden festgestellt haben, die zum Handeln zwingen. Die Arbeiten werden dann zügig und technisch einwandfrei erledigt. Da in der Regel solche Maßnahmen mit der Querschnittsvergrößerung des Kanals verbunden sind, führen sie keinesfalls zur Verschlechterung des Entwässerungskomforts, sondern zu einem leistungsfähigen Kanalabschnitt! Dennoch ist natürlich jeder weiterhin verpflichtet, für funktionstüchtige Rückstausicherungen zu sorgen. Denn das Rückstaurisiko kann so nicht behoben werden, sondern bestenfalls etwas abgemildert.
"Wenn die alten Überläufe wieder geöffnet würden, gäbe es keine Rückstauprobleme mehr"
Notüberläufe gibt es immer noch. Und in extremen Situationen wird über sie Regen- und auch Mischwasser an die Gewässer direkt abgegeben. Automatisch! Richtig ist allerdings: die Zahl der Überläufe ist im Rahmen des Erneuerungsprogramms 'Mischwasser 90' reduziert worden. Das hat zu verbessertem Umweltschutz und einem leistungsfähigeren Kanalnetz insgesamt geführt, die Problematik der überfluteten Keller jedoch so gut wie nicht beeinflusst.
Allenfalls in unmittelbarer Nähe der geschlossenen Überläufe kann es jetzt zu höheren Kanalwasserständen kommen. Doch das bereitet bei einer funktionierenden Rückstausicherung keine Probleme.
"Unser Haus ist mit hohem Kostenaufwand gegen Rückstau gesichert worden – und trotzdem steht gelegentlich Wasser im Keller“
Eine Rückstausicherung, die nach den Regeln der Technik installiert worden ist und erhalten wird, hält ihren Keller zuverlässig trocken. Sie verhindert, dass der Rückstau im Kanal in den Keller flutet. Doch wie so nun mal ist: Manchmal werden Gesetz und technischen Regeln nicht genügend beachtet. So kann eine Sicherungsmaßnahme viel Geld gekostet haben und trotzdem versagen, wenn sie nicht fachgerecht ausgeführt wurde.
Ein häufig anzutreffender Fehler ist die Installation eines Rückstauverschlusses im Hausanschluss. Da gehört er keinesfalls hin; das ist unfachgerecht und sehr problematisch. Bei Rückstau im Kanal wird dort nicht nur das Eindringen des Kanalwassers ins Haus verhindert, sondern auch das Abfließen der häuslichen Abwässer und des Regenwasser vom (hinteren) Dach; das kann dann den Keller überschwemmen.
Ein Rückstauverschluss – selbst richtig installiert – kann auch versagen, wenn er nicht regelmäßig gewartet wird. Welche Sicherung die richtige ist und wie damit umgegangen werden muss, sagen Ihnen fachkundige Mitarbeiter das hanseWasser. Kostenlos und auch direkt vor Ort! Aber auch die zertifizierten Fachbetriebe der Sanitär-Heizung-Klima-Innung beraten und entwickeln für Sie Sanierungskonzepte.
"Wie hoch sind in der Regel die Kosten für die Rückstauanlagen im Schnitt?"
Die Kosten für die bauliche Errichtung einer Rückstauanlage sind generell vom Einzelfall abhängig. Genaue Preisangaben sind nur von SHK-Fachbetrieben nach eingehender, örtlicher Prüfung der Gegebenheiten z.B. im Rahmen von Angeboten zu erhalten. Als Anhaltspunkte sollen folgende, grobe Orientierungsgrößen diesen.
Ist in einem Keller ein Rückstau möglich, in der Vergangenheit aber noch nicht aufgetreten, kann der Aufwand mit ein bis zwei Handwerkerstunden erledigt sein. Wird in einem Keller zusätzlich z.B. eine Waschmaschine genutzt, ist sie in der Regel mit einem Betrag in Höhe von 100 bis 200 € durch eine kleine Doppelrückstauklappe abzusichern. Eine einzelne Toilette oder ein kleines Duschbad kann bei 'unter geordneter Nutzung' oftmals für 1.000 € ausgestattet werden. Handelt es sich um Wohnungsnutzung oder gar gesamte Wohnungen unter der Rückstauebene, kann die nachträgliche Sicherung durchaus Kosten in Höhe von 3.000 bis 5.000 € verursachen, in seltenen Ausnahmefälle auch mehr.
Hohe Beträge, die verschiedentlich genannt werden, beinhalten oftmals auch die komplette Modernisierung der gesamten Sanitäreinrichtungen und sind dann nicht durch den Rückstauschutz entstanden. Wird die erforderliche Sicherung bereits im Zuge der Errichtung bzw. der Sanierung eines Badezimmers / einer Küche vorgenommen, sind die Aufwendungen generell geringer.
"Hat der Klimawandel Einfluss auf die Starkregenereignisse?"
Ja. Nach den Erkenntnissen der Wissenschaft muss in Zukunft verstärkt mit Starkregenereignissen gerechnet werden. Hierbei ändert sich nicht die Intensität der Ereignisse sondern die Häufigkeit. Es ist also davon auszugehen, dass auch heute noch nicht so direkt betroffene Stadtgebiete zukünftig unter den starken Regenfällen leiden werden.
"Was sind die rechtlichen Grundlagen für das Vorgehen der Stadt?"
Die Anforderungen an die Herstellung, Änderung, Instandhaltung und Beseitigung von Grundstücksentwässerungsanlagen, ihren Anschluss an öffentliche Abwasseranlagen sowie die Benutzung der Grundstücksentwässerungsanlagen sind in der Stadtgemeinde Bremen im Entwässerungsortsgesetz (EOG) geregelt.
Nach § 12 Abs. 1, Satz 1 EOG sind Grundstücksentwässerungsanlagen nach den Regeln der Technik herzustellen und zu erhalten.
Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 EOG sind dies insbesondere die von der oberen Wasserbehörde im Amtsblatt der Freien Hansestadt Bremen veröffentlichten technischen Bestimmungen für den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung von Abwasseranlagen (§ 137 Abs. 1 des Bremischen Wassergesetzes), soweit nicht im EOG besondere Anforderungen gestellt werden.
Die DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke“, macht ebenfalls Vorgaben.
In Punkt 7.4 „Schutz gegen Rückstau zu DIN EN 12056- 1:2002-01, 5.5 und DIN EN 12056-4:2001-01, Abschnitt 4, 7.41 Allgemeines“ heißt es:
„Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene sind durch automatisch arbeitende Abwasserhebeanlagen mit Rückstauschleife nach DIN EN 12056-4 oder unter bestimmten Voraussetzungen durch Rückstauverschlüsse nach DIN 1997 oder DIN 19578 bzw. E DIN EN 13564-1 gegen Rückstau aus dem Kanal zu sichern.
Die DIN 1986 wurde mit vergleichbaren inhaltlichen Aussagen erstmals 1932 veröffentlicht.
Eine Verpflichtung des Einbaus von Rückstauverschlüssen kann in Bremen bis mindestens 1906 zurückverfolgt werden. Eine entsprechende Vorschrift fand sich zu der Zeit in der Bauordnung für die Stadt Bremen und das Landgebiet.
Ursprünglich berücksichtigten diese Regelungen seuchenhygienische Aspekte, heute betreiben die Stadt bzw. hanseWasser durch die Umsetzung auch eine Aufgabe der Daseinsvorsorge zum Schutz vor Personen- und Sachschäden.